Ein Artikel aus „Zürich 2“ vom 28. April 2016

 Die kleinen und grossen Vogelschicksale in der Voliere

Es geht sanft bergauf mit der Voliere

Dank viel Gratisarbeit der Beteiligten kann die Vogelpflegestation am Mythenquai auf ein positives Jahr zurückschauen. Dem Kakadu Gina, von dessen Art es weltweit nur noch wenige Brutpaare gibt,konnte Elisabeth Kehl nach Teneriffa in ein speziellesZuchtprogramm bringen

«Zürich 2» hat schon oft über die Voliere berichtet, meistens ging es dabei um die desolate Finanzlage. Nun scheint sich das Blatt aber zu wenden: Laut Bilanz 2015 zeigt die Jahresrechnung einen kleinen Überschuss. An der GV vom 16. April wurden die Zahlen und Resultate von der Präsidentin, Sylvia Steiger, präsentiert. Dieses positive Resultat ist hauptsächlich dem unermüdlichen Engagement aller Beteiligten zu verdanken. Der administrative Teil wurde neu vorübergehend vom Vorstand der Voliere – Gesellschaft übernommen. Dank professionellem und zeitintensivem Engagement der Kassiererin Sandra Seger war es möglich, die Finanzen neu aufzugleisen. Der Dank geht auch an die Revisorin Beatrice Kehl für ihren Einsatz, ihre Unterstützung und Präsenz bei den Engpässen. Die Bewilligung für die Wildtierhaltung des kantonalen Veterinäramts sowie die jagdrechtliche Bewilligung zur Führung einer Pflegestation für einheimische Wildvögel konnten für die nächsten zehn Jahre verlängert werden. Ohne die Überbrückungshilfe der ProTier-Stiftung für Tierschutz und Ethik wäre es schwer möglich gewesen, Löhne, Futter und die übrigen betriebsnotwendigen Ausgaben zu bezahlen und somit den Betrieb weiterzuführen.

Dass Anfang 2016 auch noch der Zürcher Tierschutz Unterstützung zusagte, zeigt: Der Neuanfang ist weitgehend gelungen. Dank ging auch an «Grün Stadt Zürich», an den «Rotary Club Zürich Zoo» und an die Gönner der Voliere insgesamt. Doch ohne den unermüdlichen Einsatz des Voliere-Teams gäbe es die Voliere wohl kaum mehr.

Mit der Lancierung der Vogelpatenschaften unter dem Motto «Häsch au scho än Vogel?» hat «ProTier» der Voliere einen weiteren Schritt in die Zukunft ermöglicht, denn mit der Übernahme einer Patenschaft unterstützt die Patin oder der Pate in der Wildvogel-Pflegestation auch weiterhin eine fachgerechte Versorgung der jungen, kranken und verletzten Wildvögel .Allein im vergangenen Jahr wurden 2108 gefiederte Pfleglinge aufgenommen. Sie wurden fachkundig verarztet, aufgepäppelt und wiederin die Freiheit entlassen.

Zu viele Stockenten

Noch zu erwähnen ist jedoch, dass die Pflegestation leider regelrecht mit jungen Stockenten überflutet wurde. Insgesamt über 400 junge Stockenten zur Pflege und auch Enteneier zum Ausbrüten wurden abgegeben. Meist sind jedoch die jungen Entlein nicht in Gefahr, und nur der Umstand, dass sie alleine herumwatscheln, ist kein Zeichen für eine Vernachlässigung. Der Jöh-Effekt führt oft zu einer übertriebenen Tierliebe. Nicht jeder Jungvogel, den man entdeckt, braucht Hilfe. Es wurden jedoch so viele Ästlinge wie noch in keinem Jahr zuvor abgegeben. Ästlinge sind noch nicht flügge gewordene Jungvögel, die auf Ästen sitzend von den Altvögeln versorgt werden. Diese Tatsachen sollten in der Bevölkerung bewusster gemacht werden.

Happy End für Gina und Cocco

Gina, Orangenhaubenkakadu

Gina, Orangenhaubenkakadu

Natteramazone Cocco

Natteramazone Cocco

Etwas kann man wohl behaupten: Die aufopfernde Tätigkeit des Teams wird oft mit ans Herz gehenden Geschichten belohnt. Ein Beispiel: Im Juni 2015 musste sich Tierpfleger Marc Stähli von Gina, seiner Orangenhaubenkakadu-Lady (ein Abgabevogel), verabschieden. Diese Spezies, die am stärksten bedrohte Kakaduart, ist wegen ihres seltenen Vorkommens sehr wertvoll. Elisabeth Kehl ist es nun , Gina im «Loro Parque» auf Teneriffa in einem speziellen Zuchtprogramm unterzubringen. Sie durfte auf Einladung des «Loro Parque» mit Gina und Coco, einer auch höchst selten gehaltenen Natteramazone, die nach 40 Jahren Einzelhaltung in der Voliere landete, per Flugzeug auf die spanische Insel reisen. Heute lebt Coco bereits mit ihrem Männchen zusammen und Gina wird noch vorsichtig verpaart. Also rundum ein Happy End.